Lage, Lage, Lage…ländlich gelegene Anlagen müssen handeln!

Wenn man die Wirtschaftlichkeit von Golfanlagen in Deutschland insgesamt beurteilen soll, gibt es wohl kaum einen besseren Experten als Dr. Falk Billion (billion.de).

Sein Golf-BLOG ist unserer Meinung nach ein Muss für jeden Golfmanager und Vereinsverantwortlichen. Am 04.01.2024 veröffentlichte er einen Beitrag mit dem Titel „Wirtschaftlichkeit deutscher Golfanlagen: Nach wie vor unattraktiv…“. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. In gewohnt scharfer, aber präziser Weise nennt Dr. Billion auch drei Gründe für die Probleme der Golfanlagen.

Gründe für die nach wie vor unzureichende Wirtschaftlichkeit der Mehrzahl der Golfanlagen in Deutschland sind 

Golfanlagen an wirtschaftlich nicht ausreichend tragfähigen Standorten (ländlich strukturiert, geringe Bevölkerungsdichte, unterdurchschnittliche Kaufkraft der Bevölkerung)

Mangelnde Attraktivität und Marktfähigkeit des Produkts vieler älterer Golfanlagen aufgrund unterbliebener Investitionen. Von den 365 Golfanlagen, die ihre Jahresabschlüsse 2021 publiziert haben, registrierten nur 110 (30%) im Jahr 2021 einen Zuwachs bei den Buchwerten ihrer Sachanlagen. Die Abschreibungen waren bei 70% der gewerblichen Anlagen also höher als die durch Investitionen bedingten Zuschreibungen.

Teilweise gravierende Mängel und Defizite in der Professionalität des Managements, bis hin zu Dilettantismus gepaart mit Selbstzufriedenheit. (Im DGV-Golfbarometer bewerten regelmäßig über 90% der deutschen Golfanbieter die wirtschaftliche Situation ihrer Golfanlage als befriedigend oder gut!)

Quelle: Billion, F., Golfmarkt Deutschland 2024. Unveröffentlichter interner Bericht. S. 21 – 23

Im Fokus dieses Newsletters soll nun der, von Dr. Billion erstgenannte Grund, die „schlechte Lage“, näher beleuchtet werden.

Dass die Lage meist einen extrem bedeutenden Faktor für den erfolgreichen Betrieb darstellt, ist unzweifelhaft. Wenn das Einzugsgebiet gut ist, funktionieren die Anlagen meistens.

Vor 38 Jahren gab es zwei Anlagen in und um meine Heimatstadt Bremen. Ein Premium-Countryclub mit 9-Loch-Anlage in der Stadt und Meisterschaftskurs außerhalb und ein damals junger Club, ca. 48 km von meinem Wohnort entfernt. Da der Country-Club eine siebenjährige Warteliste hatte, fing mein Golferleben im weit entfernten ländlichen Club an. Trotz der langen Anfahrt wurde der Club von Menschen aus Bremen heraus gegründet, und die stärkste Mitgliedergruppe kam ebenfalls aus der Stadt. Das Einzugsgebiet war also damals riesig. Heute ist die Situation anders, andere Clubs wurden gegründet und liegen näher an der Stadt. Das Oberzentrum liegt nicht mehr im Einzugsgebiet des Clubs. Die Gruppe der Bremer im Club ist inzwischen sehr klein und deren Mitglieder meist schon im hohen Alter. Die ländliche Lage, die vor 38 Jahren kein Problem war, ist jetzt eines geworden. So geht es heute vielen Anlagen, oft als e.V. strukturiert und größtenteils ehrenamtlich geführt.

Wenn sich das Einzugsgebiet also für viele überwiegend stark verkleinert hat, gilt es nun also, aus einem solch kleineren Gebiet mehr Mitglieder zu gewinnen. Eine andere Möglichkeit gibt es oft nicht. Hierzu müssen die Clubs endlich beginnen, ihren Markt zu verstehen.

Grundsätzlich betrachtet spielen in Deutschland nur ca. 0,8 Prozent der Bevölkerung Golf (https://de.statista.com/). Im internationalen Vergleich ist das ein schlechter Wert.

Die Zahlen sind nicht mehr die aktuellsten und auch die Vergleichbarkeit bei der Erhebung kann hinterfragt werden, aber wenn man sich die Spitzenreiter ansieht, wird deutlich, wie groß das Potenzial von Golf sein kann. Der Golfsport performt auf dem Freizeitmarkt in Deutschland offensichtlich nicht besonders gut. Hierfür gibt es zahlreiche Gründe, die aber nicht Bestandteile dieses Newsletters sein sollen.

Wir sind sicher, Golf kann auch in Deutschland eine bessere Marktdurchdringung erreichen. Auf Verbände können die Anlagen aber nicht setzen. Diese könnten nur versuchen, das Image des Golfsports insgesamt zu verändern. Das Sportangebot vor Ort muss vom Verein selbst promotet werden. Aber viele Golfanlagen kennen Ihren regionalen Markt nicht, haben kein richtiges Konzept zur Neumitgliedergewinnung, sie haben nicht verstanden, wie man heute kommuniziert, wie man Mitglieder bindet und was man tun muss, um überhaupt sichtbar zu sein.

Leider wird Deutschland kein zweites Kanada, aber wenn man einmal davon ausgeht, wir würden den Anteil von Golfern nur um 0,2 Prozent-Anteil der Gesamtbevölkerung steigern können und würden damit das Niveau von Österreich erreichen, dann genügen die verkleinerten Einzugsgebiete vielleicht doch für den wirtschaftlichen Betrieb? Wir hätten dann 25 Prozent mehr Mitglieder auf den deutschen Golfanlagen.

Von den ca. 670.000 DGV-Golfern sind ca. 240.000 Fernmitglieder. Bleiben also noch 430.000 clubgebundene Mitglieder. 0,2 Prozent mehr Golfer in der Gesamtbevölkerung würden dann bedeuten, wir hätten 537.500 Zahler in den Clubs und pro Club im Schnitt 110 Mitglieder mehr. Ob mit einem solchen Zuwachs dann jeweils eine nachhaltige wirtschaftliche Stabilität zu erreichen ist, bleibt immer noch fraglich, aber es würde in jedem Fall den Druck deutlich verringern.

Aber wie sollten die Clubs in ländlichen Lagen agieren? Sie müssen sich zunächst einmal sehr intensiv mit Ihrem Einzugsgebiet auseinandersetzen. Wie groß ist es wirklich, wie sind die Anfahrtszeiten, wie ist die Einwohnerstruktur, wo liegen welche Baugebiete, wie ist die Einkommensstruktur, welche anderen Sport- oder Freizeitangebote gibt es. Eine Zielgruppenansprache außerhalb des Einzugsgebietes bringt nichts, wird aber heute noch vielfach praktiziert.

Um dann Menschen mit dem Golfsport in Verbindung zu bringen, muss eine Marketingplanung vorgenommen werden, Werbe- und Kommunikationsmittel vorbereitet werden und eine Webkampagne erstellt werden. Insgesamt braucht es eine Strategie, wie Mitglieder gewonnen und dann gebunden werden. Planlos nur Schnupperkurse anbieten, ist kein effizienter Weg.

Um Menschen mit dem Golfsport in Verbindung zu bringen, ist, gerade bei ländlichen Golfclubs, aus unserer Sicht die DGV-Platzreife ein ungeeignetes Instrument. Mit einem überdimensionierten Golf-Führerschein ist kein Staat mehr zu machen. Die Zielgruppen verändern sich und mit Ihnen auch die Vorstellung von flexiblen und modernen Angeboten. Eintritte in Clubs, die dringend Mitglieder brauchen, sollten niedrigschwellig sein. Flexibel zu bleiben und ggf. verschiedene Wege und Ansprachen auszuprobieren ist wichtig.

Um Golfinteressierte vom Club zu überzeugen, braucht es ebenfalls einen „After-Sales-Plan“ mit entsprechenden Angebote, um Bindung zu erzeugen. Hier ist es wichtig, verschiedene Ansätze zu testen und nicht an alten Ideen festzuhalten. Das gute alte Patenprogramm kann auch kontraproduktiv sein.

Clubs müssen auch Ihre Mitgliedschaft von den neuen Wegen überzeugen. Es muss eine Willkommenskultur in einem Club etabliert werden. Wenn die Mitglieder offen sind, wird sich das positiv auswirken.

Wenn dann der Service und die administrativen Abläufe noch gut funktionieren, Vereine keinen internen Streit haben, Mitglieder offen sind und mithelfen, dann könnten viele Clubs in ländlichen Lagen ihre eigene Situation deutlich verbessern.

Ob das ehrenamtlich zu leisten ist? Wir denken NICHT, aber egal ob ehrenamtlich oder bezahlt, klar ist, auch Clubs in Randlagen müssen sich viel professioneller aufstellen. Es wird wahrscheinlich sogar ihre einzige Chance sein.

Sebastian Hochbaum
Golfclubmanager / MD
leadgolf GmbH
sh@leadgolf.de
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Quellen:

https://newsletter.dgs.golf-dgv.de/mailing/47/7224950/3712838639/789/a266ef9bee/index.html

https://serviceportal.dgv-intranet.de/marketing-betrieb/markt-daten/allgemeine-statistiken.cfm

https://www.fernmitgliedschaft-golf.de/blog/fernmitgliedschaft-vergleich-test-anbieter-golfclubs